Montag, 30. September 2019

Luarca - Jarrio

Kurz  nach 7 Uhr sind es bereits 17 Grad und in der nahen Bar ist Hochbetrieb.
Die sieben spanischen Männer, die seit einigen Tagen die gleichen Etappen gehen wie wir, trudeln auch der Reihe nach ein. Und natürlich am Tresen einige Anwohner, die vor der Arbeit schnell einen kleinen schwarzen Kaffee mit viel Zucker trinken oder / und ein kleines süßes Gebäck verzehren oder einen kurzen Blick in die Zeitung oder auf den Fernseher werfen.
Zwischendurch werden Brot und Gebäck geliefert, kassiert, ein Kommen und Gehen - jeden Morgen das gleiche Schauspiel und trotzdem immer wieder interessant, zuzusehen.
Manche Pilger brauchen noch eine Flasche Wasser, andere haben noch eine Frage, plötzlich ist kaum noch ein Gast im Raum und im nächsten Moment strömen wieder neue herein - draußen fährt der Müllwagen vorbei, das Städtchen erwacht.

An der der Schanktheke gegenüberliegenden Wand steht eine Backwarentheke. Dort werden parallel immer wieder Teilchen verkauft "para llevar" - zum mitnehmen.

Wir müssen los, vorher aber noch kurz bezahlen.

Heute sehen wir viele größere Fabada (weiße Bohnen) Felder, die wahrscheinlich über den privaten Bedarf hinausgehen.


Die Nationalitäten der Pilger sind wieder sehr unterschiedlich. Viele Spanier sind immer unterwegs und gerade haben wir noch ein japanisches Paar überholt. Vorgestern unterhielten wir uns länger mit einem Schweizer Paar, das wegen einer Fussverletzung der Frau abbrechen musste. Den Holländer, der sich gestern uns angeschlossenen hatte, haben wir heute noch nicht gesehen.

Jetzt steht in Villapedre unser zweites Frühstück bei bisher angenehmen Temperaturen an. Die Bar an der Landstraße
ist mal wieder auf Pilger eingestellt und bietet einen großen Kaffee mit einem warmen belegten Brötchen und frisch gepressten O-Saft für günstige 4€ an.

Die Bauform der Kirchen hat sich heute verändert. Die Kirchen haben nun einen hohen spitzen Glockenturm, das war bisher nicht so.


Die geschwungene Landschaft mit vielen großen Maisflächen gibt immer wieder den Blick auf das weite Meer frei.


Vor Villauril führt der Weg quer durch eine große Wiese voller Spitzwegerich Pflanzen; das sieht man selten. 

Aber auch auf dem weiteren Weg steht am Wegesrand Spitzwegerich, ebenso auf Weiden und Grünflächen um die Häuser.

Am späten Vormittag strahlt die Sonne mit voller Kraft und es ist sommerlich warm - mein Lieblingswetter. Daher nutzen wir in Navia,
einer Kleinstadt kurz vor unserem Ziel, nochmal die Gastronomie zur Erfrischung. Eine halbe Stunde sitzen tut einfach gut.

Unser einfaches Hotel an der Landstraße
erreichen wir gegen 14.30 Uhr. Da im angeschlossenen Restaurant Mittagessen bis 16 Uhr serviert wird,
können wir vorher noch ausgiebig duschen. Ich glaube, die Dusche nach einer Anstrengungen, das ist nach dem Sport genau so, setzt erst die Endorphine endgültig frei.

Beim Blick aus unserem Zimmerfenster ins Grüne beobachte ich einen Traktor auf einer nahen Wiese. Beim genaueren Hinsehen erkenne ich, dass er Gülle ausbringt.
Das wird unserer Nase nicht gefallen.

Als wir uns am frühen Abend zum Flüssigkeitsausgleich aufmachen, treffen wir in der Hotellobby unseren oben erwähnten Holländer aus Rotterdam wieder. Er war heute Morgen beim Barbier und ist anschließend mit dem Taxi bis Navia gefahren, um den Zeitverlust auszugleichen.

Auf den Feldern hat inzwischen die Maisernte begonnen, die hier von genau so großen Maschinen bewältigt wird wie zu Hause. Die Pflanzen sind prächtig gewachsen und werden einen guten Ertag bringen. Auf den Feldern wächst außer Mais nichts, kein Unkraut. Wer aus der Landwirtschaft kommt, weiß warum das so ist ... 





















Sonntag, 29. September 2019

Cadavedo - Luarca

Beim Frühstück begrüßt uns der Hotelier Alberto mit den Worten: mucho calor - sehr warm heute. Er empfiehlt uns,  heute morgen zunachst noch einen kurzen Abstecher zu dem Aussichtspunkt Ermita la Regalina zu machen.

Die 1,5 km zu der kleinen Kapelle auf einem Felsvorsprung im Meer haben sich gelohnt, man hat hier einen tollen Ausblick auf das Meer und die steile Küste.

Die schöne hügelige Landschaft in Asturien ähnelt dem Alpenvorland mit dem Unterschied, dass hier hinter den Bergen sich noch das Meer ist.

Gegen 14.30 Uhr kommen wir in Luarca an, und der Pilgeralltag setzt sich wie üblich fort mit duschen, Wäsche waschen und Mittagessen, das man hier ohne Weiteres bis 16 Uhr bekommt. Anschließend durch den Ort streunen, ausruhen, Fotos sichten, Blog schreiben, Cerveza oder Tinto trinken, sich mit anderen Pilgern unterhalten und anschließend hoffentlich gut schlafen, da am nächste Morgen wieder eine Etappe wartet.

Das Wetter war tagsüber sehr angenehm und die Temperatur lag bei etwas über 20 Grad, allerdings immer windig. Jetzt am Abend nieselt es wieder, Mal gespannt, was uns morgen erwartet. Insoweit denkt man aus Pilger ähnlich wie ein Landwirt.


Sonnenaufgang über den Bergen beim Blick aus dem Zimmerfenster

















Samstag, 28. September 2019

El Pito - Ballota / Cadavedo

Heute war ein ereignisreicher Tag, der mit kühlen 13 Grad begann.

Gestern Abend, beim verifizieren der für heute vorgesehen Strecke, stellte Petra eine größere Abweichung zwischen meiner Kilometerrechnung und der des mitgeführten Pilgerführers von Raimund Joos fest. Das war durchaus denkbar, da unser Buch noch von der letzten Pilgerreise auf dem Camino del norte aus dem Jahr 2013 war und die Strecke immer kleineren Änderungen unterworfen ist, insbesondere durch zwischenzeitliche Straßenbaumaßnahmen. Ich hatte daher diesmal nicht nach dem  Pilgerführer geplant, sondern auf Basis der sehr guten spanischen Website gronze.com. Daher konnten also auch Abweichungen kommen. Da wir im Extremfall aber ca. 30  km vor uns gehabt hätten, die mit 10 kg schweren Rucksack unser Tageslimit überschritten hätten, waren Alternativen gefragt, um die Strecke zu verkürzen.

Nach dem wir abends in der nahen Bar bei einer Flasche Sidra und einem Glas Tinto einige Varianten diskutiert hatten, fragte ich den Wirt, ob am Morgen evtl. ein Bus Richtung Westen fahren würde. Er winkte ab, da Samstag sei. Griff aber dann zu seinem Smartphone und zeigte mir auf der Alsa-Seite eine Busverbindung nach Soto de Luiña. Der Bus fährt planmäßig um 8.10 Uhr an einer nahegelegenen Haltstelle ab. Wir sollen allerdings ca. 30 Minuten früher dort sein, da der Bus möglicherweise aus einer anderen Richtung käme!?

Wir sind heute Morgen natürlich zeitig an der Bushaltestelle und warten in der doch recht kühlen Morgenluft auf den Bus. Gegen 8.20 Uhr ruft uns eine ältere Dame aus dem Fenster zu, dass der Bus heute nicht fahren würde, da Samstag sei. Sie kommt anschließend im Morgenmantel dann auf die Straße, und erläutert uns das ganze noch mal mit vielen Vokabeln und meint abschließend: caminando peregrinos! Was so viel heißen soll wie: macht euch auf die Socken und geht, ihr seid doch Pilger!

Na gut, mangels echter Alternative ziehen wir also los. Im Hirn krame ich dann nochmal eine bereits gestern Abend überlegte Möglichkeit hervor. Und zwar wollten wir ursprünglich um 7 Uhr losgehen bis zur AVIA Tankstelle in etwa 3 km Entfernung, um in der angeschlossenen Bar zu frühstücken, da unser Hotel erst ab 9 Uhr Frühstück bietet. Da die Tanke ohnehin nur einige hundert Meter vom Camino entfernt liegt, steuern wie sie an.

Beim Bestellen des lang ersehnten Kaffees frage ich die Kellnerin, wie es hier mit einem Taxi aussieht und sie antwortet "kein Problem, können wir anrufen". Super, gesagt getan- also nach dem Frühstück - und schon sind wir 8 km weiter in Soto de Luiña angekommen, um uns in der Bar und mit einem letzten Kaffee zu stärken.

Inzwischen steht die Sonne hoch an Himmel und wir freuen uns über das schöne Wetter. Schließlich hat der gestrige Nieselregen mir eine Erkältung beschert, gegen die ich mich mit ein paar Mittelchen aus der Farmacia nun wehre. Temperaturen unter 20 Grad sind für mich einfach gesundheitsschädigend.

Der heutige Weg führt wieder bergauf und bergab durch schöne Landschaft und Wälder und bietet gelegentlich einen Blick auf das hörbar rauschende Meer. Das ist Genusswandern!

Unsere schon vor Monaten reservierte Unterkunft Casa Fernando in Ballota erreichen wir gegen 14 Uhr. Der Chef steht zufällig vor der Tür und meinte: leider geschlossen, heute ist Ruhetag, worauf ich antwortete, dass wir ein Zimmer für heute reserviert hätten. Er: impossible - ich doch! Ich habe eine Bestätigungsmail, sieh hier!
Ich zeige ihm auf meinem Handy seine Bestätigung und er staunte nicht schlecht, überlegte kurz und sagt: no hay problema. Er nimmt sein Handy, telefoniert gestenreich und lautstark, legt auf und sagt: kommt mit, wir fahren in das 8 km entfernte Cadavedo zu einem befreundeten Hotelier, wo wir schon 20 Minuten später und nach einer ziemlich rasanten Fahrt im Hotel Casa Roja einchecken.

Tja, auf dem Camino funktioniert meist alles problemlos, weshalb ich hier grundsätzlich sorglos unterwegs bin, irgendwer da oben passt immer auf uns auf - das ist meine feste Überzeugung!!