Donnerstag, 16. Juni 2016

Letzte Etappe

Das Gewitter gestern Abend hatte frische klare Luft hinterlassen, die uns heute Morgen schon beim Öffnen des Zimmerfensters entgegen strömte. Heute sind wir viel später als sonst, da etwas weniger Strecke geplant ist. Um 8 Uhr frühstücken wir nach einer sehr erholsamen Nacht und erst um 9 Uhr gehen wir los.

Mit unseren Mitpilgerinnen, die in Undues in der Herberge übernachtet haben, hatten wir uns für 11 Uhr in  Sangüesa verabredet. Bis dahin war die Strecke von etwa 8 km gut zu schaffen.

Den Berg, den wir gestern Nachmittag runtergegangen waren, durften wir heute auf der anderen Seite hochgehen, was aber kein Problem darstellte. Oben lief es dann fast von selbst bis Sangüesa, wo wir pünktlich ankamen. Rechts und links des Weges wieder Getreidefelder und kurz vor Sangüesa auch die ersten Weinreben. Zwischen den fein säuberlich aufgereihten Rebstöcken kein Blättchen Unkraut. Alles chemisch rein und für die maschinelle Lese im Herbst vorbereitet.

Im Ort warteten unsere beiden Mitpilgerinnen schon, und wir  suchten uns erst mal eine Bar für ein zweites Frühstück.Da die Zeit nicht drängte, nutzten wir die Gelegenheit, einen Geocache zu suchen und zu finden.

Sodann eine weitere Runde durch die Calle Mayor, um anschließend auf einem Hügel vor der Stadt die Christusstatue zu besuchen. Das gestaltet sich aber schwieriger als erwartet. In der Touristeninfo hatte man uns sagt, wir sollen über die Brücke und dann der Straße nach links folgen bis zu einem kleinen Pfad bergauf. Wir sahen zwar irgendwann eine Öffnung im Zaun, konnten aber nicht glauben, dass der kaum zu erkennende Pfad, der einen wild bewachsenen Hang hinauf deutete, für uns geeignet sei. Ein Blick um die folgende Kurve ließ auch nichts besseres vermuten, so dass wir das Projekt an dieser Stelle beendeten.

Nach einer erneuten Stärkung im Ort brachen wir schließlich zur letzten Etappe von etwa 6 km nach Liédena auf. In Sangüesa hatten wie übrigens ca. 4,5 km quasi ziellos zurückgelegt.
Über die nicht besonders angenehm zu gehende Landstraße, vorbei an einer großen Papierfabrik, erreichten wir gegen 14.45 Uhr nicht nur unser heutiges Tagesziel, sondern es war auch das Ende unseres diesjährigen Caminos!

Alle haben die zurückgelegten 245 km mit vielen Höhenmetern unbeschadet überstanden, muchas gracias Santiago!

Ultreia!


zweites Frühstück

Mittwoch, 15. Juni 2016

Seeblick im Schmetterlingsland

Nach der Morgentoilette und dem Packen des Rucksacks saßen wir um 7 Uhr draußen vor der verschlossen Tür der zur Albergue gehörenden Bar, um unser gestern Abend als Ersatz für ein Frühstück erhaltenes Picknick zu vertilgen. Leider ohne den üblichen und überaus wichtigen cafe con leche.

Gegen 7.30 Uhr ging es dann über Feldwege Richtung Yesa - Stausee. Überall in der Gegend sieht man an Häusern die Plakate "YESA NO", ebenso als Schmiererei auf Hauswänden. Als ich vor 15 Jahren auf dem Camino Aragones pilgerte, war das auch schon so. Unterschied zu heute ist allerdings, dass die plakative Ablehnung der seinerzeit geplanten Erweiterung des Stausees inzwischen keine Bedeutung mehr hat, da man die neu gefluteten Flächen deutlich erkennen konnte.

Auf der südlichen Seeseite waren große Straßenbaumasnahmen im Gange und der Camino war an verschiedenen Stellen umgeleitet. Schließlich wurden wir über die alte Landstraße hoch nach Ruesta geleitet, das wir nach 11 km gegen 9.40 Uhr erreichten.

Hier sollte neben einer Herberge auch eine Bar sein, dir wir auch schnell in den verlassen Gemäuern des ehemaligen Ortes fanden.

Die Wirtin saß gemütlich bei einem Kaffee und einer Zigarette, wirkte bei der Begrüßung aber etwas konfus. Sie konnte uns, nach dem sie gemächlich zu Ende geraucht hatte, lediglich auf die Schnelle einen Kaffee bringen, da sie erst noch ein wichtiges Dokument wegen der anstehenden Wahl vorbereiten müsse,  bevor sie uns ein Bacadillo zubereiten könne. Na gut, dann warten wir eben noch was auf die ersehnte Verpflegung.

Nach einer Stunde, wir hatten bereits mehrmals an der offenen Küchentür gerufen, ohne eine Antwort zu erhalten, kam die Señora dann wieder zum Vorschein und wirkte etwas verstört. Irgendwas hatte mit dem Internet nicht funktioniert, und sie hatte große Problemas...

Endlich konnten wir unseren Kaffee zahlen und weiterziehen, ohne Bacadillo und ohne zweiten Kaffee, die nächste Etappe mit 12 km stand an - vernünftige Verpflegung hätten wir gerade heute gut gebrauchen können, denn es warteten zunächst 6 km steil bergauf auf uns und auf der gesamten Strecke keine Einkehrmöglichkeit mehr.

Der Weg hoch war gut ausgebaut und es folgte eine Kurve auf die andere durch den Wald. Rechts und links der Serpentinenstrecke war ein Grünstreifen, auf dem Wildpflanzen wachsen, die von Schmetterlingen nur so umschwärmt wurden. Ließ man den Blick über das Grün schweifen, wimmelte es nur so vor Schmetterlingen, wunderbar!

Gegen 14.45 Uhr und insgesamt 24 km erreichten wir Undues de Lerda, dem heutigen Zielort unserer Mitpilgerinnen.

Petra und ich gönnten uns eine Stunde Pause und einen leckeren ensalada mixta, bevor wir die letzten 6 km antraten und Javier gegen 17.30 Uhr erreichten.

Das war zwar ein langer Wandertag, die heutigen 30 km hatten wir dennoch gut geschafft, nur die Füße brennen etwas.

Dienstag, 14. Juni 2016

Durch Felder und sanfte Hügel

Der etwas stürmische Wind, der uns gestern Abend bei der Besichtigung des Kirchleins, des Turms und des Aussichtsfelsens kalt um die Nase wehte, hatte sich etwas gelegt.

An den Felsen am Ortsrand hatten wir gestern Abend gesessen und dabei auch zwei sehr große Vögel beobachtet, die die Landschaft nach Beute scannten. In der Herberge bestätigte der Hospitaliero unsere Vermutung, dass es sich um in dieser Gegend vorkommende Geier handelt. Die Aussicht war grandios: In der Ferne die schneebedeckten Gipfel und vor uns das weite Tal des Aragón mit seinen Feldern und Gehöften.

Der Weg führte uns überwiegend durch Getreidefelder, auf denen fast ausschließlich bald reife goldene Sommergerste angebaut war. Weizen oder gar Hafer waren die große Ausnahme.

Zur Halbzeit unserer heutigen Etappe machten wir Pause an einem mit großen Steinblöcken bestückten Platz mitten in den Feldern neben einem alten verlassenen Steinhäuschen. Der Wind säuselte leise und Vögel zwitscherten, ansonsten Stille im weiteren Umkreis.

Später wanderten wir durch eine leicht hügelige Landschaft mit einem uns nicht geläufigen hellgrauen Gestein, vermutlich Mergel oder ähnliches.

Unseren Zielort Artieda sahen wir bald in greifbarer Nähe an Hang liegen, aber der Weg dorthin sollte sich noch etwas ziehen. Schliesslich das kleine Örtchen vor Augen, ging es nur noch wenige hundert Meter steil bergauf bis zur Albergue A Glera. 19 km waren gut geschafft; jetzt erstmal duschen und das obligatorische Wäschewaschen.

Den Nachmittag verbrachten wir auf der schönen Terrasse mit toller Aussicht in das Umland und die fernen Gipfel.

Am späten Nachmittag dann noch ein Highlight für uns und die Bewohner des verschlafenen Nests: der fahrende Supermarkt rollt an und öffnet die Wagenklappen. Es handelt sich um einen Transporter mit Anhänger. Die wichtigsten Lebensmittel sind im Angebot. Obst, Gemüse, Wurst, Gebäck, Topfpflanzen und im abgetrennten Kühlbereich frischen in Eis gelagerten Fisch und Schalentiere.Wir decken uns mit frischem Obst ein.

Auf der Terrasse ist bei einigen Pilgern Fußpflege angesagt, um die diversen Blasen und Sturzverletzungen zu behandeln. Noch bin ich verschont geblieben.

Beim obigen Shopping hatte uns ein älterer Herr darauf hingewiesen, dass um 18 Uhr die kleine Iglesia San Martin öffnet. Als wir kurz nach 6 ankommen, steht er schon wartend vor der geöffneten Tür. Im schön restaurierten Innenraum mit schlichten Holzbänken stempelt er auf dem Altar die Pilgerausweise der wenigen Pilger.

In der Herberge sind außer uns vier nur noch ein französisches Paar. Sie hatten wohl auch wie ich, vorher ein Zimmer reserviert. Da die privat geführte Herberge keine Doppelzimmer hat, bot die Dame uns ein Vierbettzimmer zur Alleinbenutzung für 40 € an, was wir natürlich sofort nahmen.

Im Laufe des nachmittags kam noch eine Sechser Gruppe französischer Pilger an. Da die Herberge aber zwischen 15 und 19 Uhr nicht betreut wird, organisierten die Franzosen sich frustriert ein Taxi.

Später kam noch ein erschöpfter Spanier an, der auch verärgert auf Einlass wartete.

Montag, 13. Juni 2016

Arrés

Außer einiger kleiner Regenschauer ist über den heutigen Tag nicht viel zu berichten.

Von Santa Cruz de la Serós sind wir einige Kilometer auf der Landstraße zurück zum Camino gewandert und weiter auf Feldwegen und teilweise entlang der Landstraße bis nach Santa Cilia de Jaca, wo wir eine kurze Kaffeepause in der örtlichen Bar eingelegt haben.

Anschließend weiter nach Puente la Reina de Jaca. Auf dem Weg trafen wir wieder auf den Rio Aragón,  dessen Wasser hier schon deutlich an Breite gewonnen hat. Auf den Feldern am Weg reift das Getreide, überwiegend Gerste. Die Sommergerste steht schön auf grünem Halm, die Wintergerste hingegen neigt ihre goldenen Ähren und braucht nur noch  wenige Tage Sonnenschein bis zur Ernte.

Im Ort haben wir Frühstückspause gemacht, und leckere Tortilla bzw. Bocadilo mit cafe con leche genossen. Nachdem wir den kleinen Supermarkt gefunden hatten, waren Vorräte für morgen einzukaufen, da wir auf der Strecke keine Ortschaft passieren werden.

Die letzten paar Kilometer bis Arrés verliefen über einen schmalen Höhenpfad mit schöner Aussicht auf die umliegende Landschaft. Unten im Tal sah man auf große landwirtschaftliche Gebäude und Hallen, die auf Massentierhaltung schließen lassen, dem Geruch nach Schweine.

In dem kleinen Bergdörfchen Arrés bleiben unsere beiden Mitpilger in der Albergue, die einen guten Eindruck macht. Begrüßt werden wir dort von einem italienischen Pilger, der für einige Tage in der Herberge wohnt und morgen weiter zieht. Er bietet uns Wasser, frisches Obst und eine Art Tortilla an.

Petra und ich wechseln in das wenige Schritte entfernte und vorab reservierte Hostal mit leider nur knapp lauwarmen Duschwasser.

Der Hospitaliero gibt den beiden Pilger ein Infoblatt, das die Abläufe in der Herberge in fünf Sprachen, u. a. in deutsch, auflistet:
18.30 Uhr Besuch der Kirche und Turm
19.30 Uhr Abendessen
21.15 Uhr Unterhaltung
22.00 Uhr Stille
  6.45 Uhr Frühstück

Sonntag, 12. Juni 2016

San Juan de la Peña

Heute sind wir um 6.40 Uhr in der wohltuend kühlen Morgenluft in Jaca gestartet. Der Weg verlief zunächst über angenehme Schotterpiste parallel zur Landstraße. Beim Blick zurück sah man immer wieder die schneebedeckten Spitzen der Pyrenäen. Das sollte den ganzen Tag so bleiben.

In unserem Hotel Mur hatten wir bereits um 6 Uhr gut gefrühstückt, um für die geplante Etappe gestärkt zu sein. Wir werden heute vom Camino abweichen und einen Alternativweg zum Kloster San Juan de la Pena nehmen, das spektakulär unter einem Felsvorsprung in den Berg gebaut wurde. Der Weg dorthin sollte aber nicht einfach werden.

Die Hospitaliera in der Pilgerherberge in Jaca hatte uns ein Fotokopie einer Wegbeschreibung gegeben, aus der sich zwei Alternativen ergaben. Die erste Variante verlief über die GR 65.3.2 und wies eine sehr schwierig zu begehende Teilstrecke hoch nach Aterés aus. Die andere Strecke dorthin verlief über die Landstraße. Wir entschieden uns für letztere und erreichten das Bergdorf nach etwa 11 km um 9.20 Uhr.

Dort wurde an der Plaza Mayor gegenüber der Iglesia ein halbe Stunde Pause verbracht. Am Dorfplatz wurde von einigen Männern ein Transporter mit Tischen, Stühlen, Kochutensilien, Kanistern usw. beladen. Im Gespräch stellte sich heraus, dass heute in la Peña ein Fest und eine Prozession stattfinden, woran die Dorfbewohner auch teilnehmen werden. Ein junger Mann gab uns die Gehzeit bis zum oberen Kloster mit etwa drei Stunden an.

Unser Pilgerführer von Raimund Joos enthält die Empfehlung, am Dorfbrunnen die Flaschen mit Wasser zu befüllen, da eine 9 km lange anstrengende Strecke folgen würde - er sollte Recht behalten.

Vom Dorf aus ging es zunächst auf einem Wirtschaftsweg leicht bergan. Eine Wegmarkierung zeigte dann irgendwann auf einen ansteigenden Pfad. Diesem folgten wir für etwa 2 km steil bergauf. Die Natur ringsum war ein großes Blütenmeer in üppiger Vegetation - wunderschön anzusehen!

Beim häufigen Blick zurück in die Ferne waren die Pyrenäengipfel zu sehen. Der Pfad hoch hatte es in sich: ziemlich anspruchsvoll, steinig und kräftezehrend. Auch insoweit sollte der Pilgerführer Recht behalten mit der Formulierung "... von großer landschaftlicher Schönheit erfordert viel Zeit und körperliche Fitness".

Oben dann noch 3 km auf der Landstraße bis zum oberen Kloster. Kurz nach unserer Ankunft gegen 13.20 Uhr und etwa 21 km sahen wir auch die angekündigte Prozession zu Ehren von San Indalecio.
Für uns war jetzt erst mal eine Pause fällig, die wir im Klosterrestaurant verbrachten. Dieses befindet sich im oberen Kloster und ist ca. 1,5 km vom in den Felsen gebauten historischen Kloster entfernt.

Dieses wollen wir auf jeden Fall noch erreichen, aber der anschließende Weg von weiteren 8 km bergab zu unserem Hostal in Santa Cruz de la Serós war für unsere schon spürbaren Knie zu viel, so dass wir uns für ein Taxi entschieden.
 

Samstag, 11. Juni 2016

Am Rio Aragon flussabwärts

Einige Leser werden sich sicherlich Fragen, weshalb ich hier noch keine Pilgerbegegnungen beschrieben habe. Die Antwort lautet: es gibt nichts zu berichten. Vorgestern haben wir in Urdos ein deutsches Paar gesehen und einige französische Pilger. Bis dahin allerdings niemanden. Heute morgen in der Bar beim Frühstück kamen einige Radfahrer dazu. In Castillo de Jaca lief ein Wanderer grußlos an uns vorbei, den wir auf den Somportpass mit dem Bus ankommen sahen.

Heute morgen sind wir, nach einem rückwärtigen Blick auf die Berggipfel, bei kühlen 8 Grad auf 1180 m losgegangen. Der Weg führt weiter bergab und ist sehr steinig und holprig, so dass man nicht besonders zügig voran kommt.

Die Landschaft und die Vegetation ändern sich sichtbar, je tiefer man ins Tal kommt. Der Weg ist weitgehend von großen Buchssträuchern  gesäumt. Weiter unten sieht man dann auch wieder Wiesen und bestellte Getreidefelder - die schöne Bergwelt liegt für heute hinter uns.

Nach einer Frühstückspause in Villanua verlief der Camino weiter auf einer gut begehbaren Schotterstraße; da kann man noch mal auf die Schnelle einige Kilometer zurück legen. Unseren nächsten Pausenstop legten wir in Castillo de Jaca ein, um schließlich den knapp zweistündigen Endspurt bis Jaca anzugehen. Auch diese Schlußetappe konnten wir auf schönen Schotterpisten wandern.

Bevor wir nach geschafften 24 km in Jaca (820 m ü. N.N.) unsere Unterkunft ansteuerten, waren noch Einkäufe für den morgigen Tag zu erledigen, da auf der nächsten 24 km langen Strecke weder eine Bar noch ein Laden sein werden.