Donnerstag, 20. Juni 2019

Mit dem Postschiff auf dem Jenissei

Der Jenissei https://de.m.wikipedia.org/wiki/Jenissei ist der größte Fluss in Sibirien und einer der weltweit größten. Malerische Ufer, schöne nördliche Natur,  Industrieanlagen, rauchende Schornsteine, Landschaft,  schöne Landschaft, sehr schöne Landschaft, ...

Nur vier Monate im Jahr ist das Postschiff auf dem Jenissej in Sibirien unterwegs, dann friert der mächtige Fluss bei Temperaturen bis zu minus 50 Grad zu.

Die MS Tschkalow 
https://de.m.wikipedia.org/wiki/V._Chkalov liegt  am Kai, als wir kurz vor 7 Uhr dort ankommen. Heute war wieder frühes Aufstehen angesagt, da wir uns für 6.30 Uhr mit den anderen fünf Mitreisenden verabredet hatten.

Das Einschiffen geht zügig und unkompliziert: Tickets vorzeigen und an Bord gehen. Die Rezeptionistin gestikuliert uns, dass wir eine Etage höher müssen zu unseren Kabinen. Dort empfängt uns die "Etagenchefin", übernimmt die Tickets, läuft zum Schlüsselkasten und holt die Kabinenschlüssel - für jede der beiden Kabinen separat.

Da die beiden Bordrestaurants erst um 8.30 Uhr öffnen, wird das im Hotel erhaltene Lunchpaket verzehrt. Heißes Wasser für unseren löslichen Kaffee kann man am Samowar zapfen.

Das Wetter ist heute wie auch gestern sommerlich bei klarem Himmel und das Schiff gleitet ruhig über den breiten Fluss.

Nachdem das Bordrestaurant geöffnet hat, versorgen wir uns mit Latte und einem zweiten Frühstück - zu zivilen Preisen!

Nach einem kurzen Nickerchen wäre ein Kaffee passend, aber das Bordrestaurant hat momentan geschlossen. Doch die freundliche Bedienung, auch hier wie in den vielen anderen besuchten Lokalitäten alles nur sehr junge Menschen, verkauft mir trotzdem gerne den gewünschten Kaffee.

Sprachlich kommen wir ohne viel russisch sprechen zu können prima zu Recht, obwohl die Bedienungskräfte meistens keine oder nur sehr geringe Englischkenntnisse haben. Viele sprechen so gut Englisch wie wir Russisch.

Auf dem Schiff spürt man ständig eine gewisse Grundvibration. Das ist nicht störend und kommt wohl von den drei großen Dieselmotoren, die uns mit der Strömung gen Nordmeer bringen. Soweit fahren wir aber nicht, das würde drei weitere Tage in Anspruch nehmen. Für uns ist heute Abend um 23.30 Uhr in Jenisseisk die Fahrt zu Ende.

Die Luft ist an machen Stellen voller weißer Schmetterlinge, die zwischen Urwald, Wasser und Schiff wie Orientierungslos umher fliegen. Dazu der Sonnenschein, die angewärmte Luft, der blaue Himmel mit schönen Kummuluswolken, eine leichte Brise an Bord - einfach nur schön und entspannend.

Um 14 Uhr  öffnet das Bordrestaurant wieder, und für uns wird es Zeit für das Mittagessen.
Auf einer Tafel wird ein komplettes Menü zum Lunch angeboten. Die Kellnerin übersetzt ins Englische und wir nehmen den gemischten Salat, Suppe, Nudeln mit Gulasch und ein Stück Brot. Das schmeckt alles wirklich lecker und ähnlich wie zu Hause. Der Preis ist mit 420 Rubel mal wieder sehr günstig. Ich trinke ein Glas Kwas, ein traditionelles Getränk aus vergorenem Brot, dazu. Der andere auch aus Kall stammende "Matrose" ist von dem Getränk nicht überzeugt - die Geschmäcker sind halt verschieden.

Die Landschaft wechselt nur wenig, gelegentlich tauchen kleine Orte am Ufer auf. Ansonsten fließt der mächtige Strom an endlosem Urwald, der überwiegend aus Nadelholz und Birken besteht, vorbei. Am Ufer sieht man auch schon mal einen einsamen Angler, und fragt sich, woher der wohl kommen mag, da ringsum keine Anzeichen für Zivilisation erkennbar sind. Mobilfunknetz ist nur sehr selten und längst nicht bei jeder Ortschaft verfügbar. Das war in der Transsib deutlich besser.

Tagsüber hatten wir nicht das Gefühl, in Sibirien zu sein. Nach dem wir in Jenisseisk angekommen sind, bemerkt man sofort, dass sich was verändert hat.
Mehr dazu morgen.